Die Bamberger Tunika. Im Auftrag des Kaisers? Die Ursprungskonzeption

Vom ursprünglichen Gewand des 11. Jahrhunderts haben sich nur die Besätze mit Gold- und Perlstickerei erhalten. Das originale rote Trägergewebe kann in die Regierungszeit Heinrichs II. († 1024) datiert werden.

Besonders am linken Ärmel ermöglichen verschiedene Beobachtungen Einblicke in die Ursprungskonzeption.

So wurden hier die wenigen verbliebenen Reste der Perlstickerei zusammengeführt und zeugen vom einstigen Reichtum der Besätze. Die Feinheit der Perlen verdeutlicht den Unterschied zwischen den vergleichsweise groben Leinenschnüren, die im Rahmen einer spätmittelalterlichen Reparatur als Unterlage und Ersatz für die Perlen eingebracht wurden, und der ursprünglich sehr filigranen, aber dennoch musterbildenden Perlstickerei. Sie betonte die Konturen der Goldstickerei.

Diese wurde mit einem Faden aus Goldlahn um eine helle Seidenseele gearbeitet und anschließend geglättet, um eine gleichmäßigere Oberfläche zu erzielen. Als Haltefäden dient der Seidenseele entsprechende Seide, sodass die Haltefäden kaum in Erscheinung treten. Zusätzlich ist die Goldstickerei mit einer Binnenzeichnung aus violetter Seide gliedert.

Am selben Ärmel hat sich ein dreieckiges Fragment erhalten. Eine Naht im originalen Trägergewebe weist daraufhin, dass es ursprünglich den Saum an der Unterkante seitlich zipfelartig fortsetzte.

Daher wird deutlich, dass der untere Saumverlauf leicht bogenförmig war. Dies bestätigt dann auch das Vorhandensein seitlicher Schlitze. Diese wiederum sprechen im Vergleich mit Abbildungen von Tuniken in der Kunst des frühen 11. Jahrhunderts zweifelsfrei für "maskuline Mode".

Aufgrund dieser Beobachtungen ist davon auszugehen, dass die erhaltenen Besätze der Bamberger Tunika von einem Männergewand stammen und folglich Heinrich II. (973-1024, reg. 1014-1024) zugeschrieben werden können.

Deshalb liegt nahe, dass sie mit der im ältesten Domschatzverzeichnis von 1127 erwähnten "Tunica imperatoris cum aurifrigio et margaritis" (eine Tunika des Kaisers mit Goldbesatz und Perlen) in Verbindung gebracht werden können. Der Bezugswechsel hin zu Kunigunde (gest. 1033) muss vor 1380 erfolgt sein.

Tanja Kohwagner-Nikolai