Entwicklungslinien

Der Plan von 1810 zeigt erstmals das Gelände der heutigen Theresienwiese westlich der Münchner Altstadt. Der Festplatz war zu diesem Zeitpunkt ein unbebautes und weitläufiges Areal vor den Toren der Stadt. Die Umrandung der Rennbahn bildeten eingesteckte Fichten. Während des Pferderennens am 17. Oktober 1810 hielt sich das Festpublikum vor allem auf dem westlichen Teil des Areals, dem sogenannten "Sendlinger Berg" auf. Dieser bot als eine Art natürliche Tribüne einen hervorragenden Blick auf die beiden Hauptattraktionen: den königlichen Pavillon sowie die Start- und Ziellinie des Pferderennens. Für die Verpflegung des Festpublikums sorgten die sechs "Traiteurs". Diese sind sowohl auf dem Plan unterhalb des Schriftzugs "Sendlinger Berg" zu erkennen als auch auf der Darstellung der Menschenmenge im Eck links unten.

Andreas Dall´Armi (1765-1842) forderte zur Erinnerung an das erste Oktoberfest bereits 1810 ein "würdiges Denkmal" an der Theresienwiese. Auf der linken Seite des Plans ist oberhalb der Zuschauermenge als ein mögliches Vorbild der Grundriss des Amphitheaters in Mailand zu sehen. Umgesetzt wurde dieses Vorhaben jedoch nie. Erst Jahrzehnte später war es der als "Kunstkönig" bekannte König Ludwig I. (1786-1868), der sich dazu entschloss, mit dem Bau der Bavaria und der Ruhmeshalle ein bayerisches Nationaldenkmal an der Theresienwiese zu schaffen.

Bei dem hier gezeigten Plan von 1843 handelt es sich um den zweiten bekannten Übersichtsplan des Oktoberfestes. Erkennbar ist darauf, dass das Areal durch die oval verlaufende Rennbahn geprägt wurde. Als Neuheit sind in der Mitte der Festwiese vierundzwanzig Bewirtungsbuden zu sehen, die als Rechteck angeordnet waren.

Diese Veränderung wurde während der Regierungszeit König Ludwigs I. (1786-1868) vom Münchner Magistrat initiiert. Mit der baulichen Zentrierung sollten Unfälle während der in unmittelbarer Nähe stattfindenden Rennen verhindert werden. Für zusätzliche Unterhaltung neben den Pferderennen sorgten eine Schießbude und ein Karussellspiel. Hinzu kam als Warenlotterie der sogenannte "Glückshafen", bei dem Lose für einen guten Zweck erworben werden konnten. Zentral positioniert waren die Musikorchester, die Festwache sowie die Brunnen. Links und rechts der Bewirtungsbuden befanden sich die Schieß- und Schützenstände, das Königszelt und das Areal der Landwirtschaftsausstellung.

Der Oktoberfest-Plan aus dem Jubiläumsjahr 1910 zeigt, dass sich das Festgeschehen im Lauf der Jahrzehnte allmählich nach Süden ausweitete. Die Fläche des gesamten Festgeländes betrug in diesem Jahr bereits 83 000 Quadratmeter.

Das Gelände des Oktoberfestes war neben der Rennbahn bis in das Jahr 1906 durch die kreisförmige Anordnung von achtzehn Bierbuden geprägt. Ein Jahr später verschwand diese kleinteilige Anordnung des und an dessen Stelle traten sechs große Festhallen. Diese wurden von den großen Münchner Brauereien betrieben. Wie auf dem Plan zu sehen, bildeten die Hallen von Löwenbräu, Wagnerbräu, Hackerbräu, Spatenbräu, Unions-Bräu und Bürgerbräu hinter dem blau-weiß gestreiften Königszelt das sogenannte "Wirtsrondell".

Im Zentrum dieses Rondells befanden sich das 1910 errichtete Postamt, die Musiktribüne und der Glückshafen. Südlich schlossen sich "Bierburgen" wie das Schottenhammel-Zelt und das Augustiner-Bräu-Zelt an. Die ursprüngliche Ausrichtung des Festgeländes auf das Königszelt ging mit dieser Verlagerung allmählich verloren. Innerhalb des 2000 Meter langen Rennovals sind vor allem im östlichen Bereich der Theresienwiese eine Vielzahl an Verkaufsbuden, Schaustellergeschäften und Fahrgeschäften zu sehen. Auch das Areal der Landwirtschaftlichen Ausstellung ist im südöstlichen Bereich des Plans zu sehen. Südwestlich befanden sich die außerhalb liegenden Bauten für das Oktoberfest-Schießen.

Seit 1913 fanden keine Pferderennen mehr statt. Das Areal auf der Theresienwiese entsprach schlichtweg nichtmehr den Ansprüchen, die an eine zeitgemäße Rennbahn gestellt wurden. Linkerhand auf dem Plan von 1935 zu erkennen ist die im Jahr 1934 vom NS-Stadtrat Christian Weber (1883-1945) im Südteil der Theresienwiese erbaute neue Rennstätte. Bis 1938 wurden dort wieder Trab- und Galopprennen und Reitervorführungen durchgeführt.

Im Rahmen der Neugestaltung des Festgeländes kam es zur Auflösung des bisher bestehenden Wirtsrondells. Die auf dem Plan dargestellte Zweiteilung in die sogenannten "Wirtsbudenstraße" und "Schaustellerstraße" und die Achse der westöstlich verlaufenden Mozartstraße (heute Matthias-Pschorr-Straße) bestehen bis heute nahezu unverändert. Den Anstoß dafür gab die Münchner Stadtverwaltung bereits im Jahr 1930. Aus Sicherheitsgründen wurden die neu angelegten Straßen auf dem Festareal verbreitert und die Räume zwischen den Hallen vergrößert. Im Jahr 1936 wurden die Wege auf der Theresienwiese schließlich geteert.

Das dritte Oktoberfest nach dem Zweiten Weltkrieg stand bereits ganz im Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwungs. Wie die Rechnungsbücher und Statistiken für das Jahr 1951 zeigen, verzeichnete die Wiesn bereits wieder Rekordzahlen. Der Plan von 1951 teilt die Theresienwiese in die beiden von Norden nach Süden verlaufenden Hauptstraßen. Im Südteil der Theresienwiese befindet sich das Ausstellungsareal des vom Bayerischen Bauernverband organisierten Zentral-Landwirtschaftsfestes.

Neben den sieben Festhallen der Münchner Brauereien befinden sich vier weitere gastronomische Großbetriebe (Ochsenbraterei Rössler, Fischer-Vroni, Hippodrom und Weinschiff Bucentaurus) auf dem Festplatz. Hinzu kam eine Vielzahl gastronomischer Mittel- und Kleinbetriebe. Neben den städtisch betriebenen Buden und fliegenden Ständen, wird die enorm große Anzahl der Fahr- und Schaugeschäfte deutlich.

Im Jahr 1984 fand eine sogenannte „Kleine Wiesn“ statt. Wegen des Bayerischen Zentral-Landwirtschaftsfestes, das vom 22. September bis zum 2. Oktober dauerte, entfiel für das Oktoberfest die Bespielung der Straße 5.

Der hier gezeigte Plan ist vom damaligen Bürgermeister Winfried Zehetmeier (1933-2019) und dem damaligen Fremdenverkehrsdirektor Heinz Strobl (1920-1993) unterzeichnet.

Der Oktoberfest-Lageplan des Referats für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München bietet einen detaillierten Überblick der Theresienwiese von 2019.

Auf dem Plan sind zwei konkrete Neuerungen im Vergleich zu den vorher gezeigten Plänen zu erkennen. Zum einen ist das 2003 neu errichtete Servicezentrum Theresienwiese rechts unterhalb der Ruhmeshalle und Bavaria zu sehen. Die Räumlichkeiten beheimaten neben der Festleitung und Pressestelle des Referats für Arbeit und Wirtschaft, unter anderem auch die Polizeistation, die Sanitätsstation, das Fundbüro und den Security Point. Zum anderen ist auf dem Plan links unterhalb der Bavaria-Statue das Areal der "Oidn Wiesn" gezeigt. Diese war im Jahr 2010 eigentlich als einmaliges Jubiläums-Event zum 200. Geburtstag des Oktoberfests geplant und sollte dem Festpublikum einen historischen Einblick in die Geschichte des Volksfestes bieten. Die Oide Wiesn erfuhr aber einen solch großen Zuspruch, dass man sich entschied, sie als festen Teil des Oktoberfestes zu etablieren. Die Oidn Wiesn teilt sich ihren Standort mit dem Bayerischen Zentral-Landwirtschaftsfest und findet daher alle vier Jahre nicht statt.

Julia Misamer