Viztum

Um das Jahr 1120 setzte Erzbischof Adalbert I. (gest. 1137, Erzbischof ab 1111) in Aschaffenburg als Zentrum des Mainzer Oberstifts erstmals einen Viztum (lat. vicedominus = Stellvertreter eines Herrschers) ein. Zweifellos steht die Errichtung einer neuen Burg im gleichen Jahr in direktem Zusammenhang. Der Viztum entstammte zumeist dem Adel des Aschaffenburger Umlandes, so etwa auch dem Geschlecht der Grafen von Rieneck, die über eine lange Zeit hinweg als Vögte des Stifts auftraten. Als Stellvertreter des Erzbischofs übernahm er die Rolle des obersten Verwalters im Bereich des Militär- und Finanzwesens und übte darüber hinaus die hohe Gerichtsbarkeit aus. In den Urkunden des Stifts tritt er als Vorsitzender des Landgerichts, als Zeuge bei Rechtsgeschäften oder auch als Vermittler bei Streitigkeiten auf. So entschied der Viztum Eberhard von Fechenbach 1382 bei einer Zinsstreitigkeit zwischen dem Ritter Friedrich von Hutten auf der einen sowie Dekan und Kapitel auf der anderen Seite zugunsten des Stifts.

Im Laufe des Mittelalters nahm die Machtfülle des Viztums kontinuierlich ab. Seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts tritt mit dem Keller ein weiterer erzbischöflicher Beamter auf, der ebenfalls stadtherrliche Aufgaben wahrnahm. Während der Einflussbereich des Viztums noch im 12. Jahrhundert auf das Gebiet des gesamten Mainzer Oberstifts bezogen war, umfasste das Vizedomamt Aschaffenburg im 15. Jahrhundert nur noch die alten "Centen" (Bezirke) Bachgau, vorm Spessart und Seligenstadt.

Durch die Albertinische Ordnung von 1526, die die Verhältnisse in Aschaffenburg nach Ende des Bauernkriegs neu regelte, erhielt das Amt eine erneute Aufwertung. Seine Inhaber konnten dessen herausgehobene Stellung jedoch nicht aufrechterhalten. Seit Beginn des 17. Jahrhunderts verloren die Viztume zunehmend ihren Einfluss und mussten zudem ihre Leitungskompetenz im Bereich der hohen Gerichtsbarkeit an den Stadtschultheiß abgeben. Ihnen kam im Laufe des 17. Jahrhunderts nur noch eine repräsentative Rolle zu. Seit 1772 wurde das Amt nicht mehr neu besetzt.