Im Auftrag des Kaisers? Die Ursprungskonzeption

Alle sechs Bamberger Kaisergewänder lassen sich in die Zeit Heinrichs II. (973-1024, reg. 1014-1024) einordnen und fügen sich in die Bildsprache und das politische Programm des Kaisers ein. Sie visualisieren Machtanspruch, Legitimation und Führungsprogramm des Kaiserpaares und verbinden die kirchliche und die göttliche Ordnung, in der der Kaiser als Erwählter Gottes für den Frieden und das Wohlergehen in seinem Reich verantwortlich war.

Bereits 100 Jahre nach seinem Tod wird Heinrich II. explizit Kleiderluxus und non-verbale Kommunikation im Kontext seiner Garderobe zugeschrieben – ein Indiz dafür, dass eine mündliche Tradition gerade ihn mit den Anfängen imperialer Kleidungsnormen verband, die erst nach seiner Regierungszeit verschriftlicht und unter dem Staufer Friedrich II. (1194-1250, reg. 1212-1250) mit einem Krönungsornat, der über Jahrhunderte hinweg in Gebrauch war, dauerhaft fixiert wurden.

Für die Bamberger Kaisergewänder wurden kostbare Seidengewebe des Ostens mithilfe feinster, abendländischer Stickerei in Luxusgewänder verwandelt. Ihre Herstellung war nur in einer großen, eingespielten Werkstatt möglich, bei der ausreichend Personal und Materialressourcen zur Verfügung standen. Im ersten Viertel des 11. Jahrhunderts gibt es keine Hinweise auf eine etablierte Werkstatt an einem konkreten Ort. Ebenso denkbar ist – gerade bei einem Herrscherpaar wie Heinrich und Kunigunde, das fast ausschließlich auf Reisen war – eine mobile Werkstatt im Gefolge des Herrschers.

Trotz aller Veränderungen, die die Kaisergewänder im Laufe der Jahrhunderte erfahren haben, lässt sich der Materialreichtum und die Feinheit der Stickerei immer noch beobachten. Auch Hinweise auf den Herstellungsprozess und besondere Techniken sind zu finden. Zudem legen Indizien eine ursprünglich sichtbare Verbindung zum Kaiserpaar mehr als nahe. Teilweise ist es auch möglich, dem ursprünglichen Erscheinungsbild der Textilien nahezukommen.

Tanja Kohwagner-Nikolai