Die Pfalz-Neuburgische Landesaufnahme, 1579/84-1604

Auftraggeber, Verlauf, Personal

Das Territorium des Fürstentums Pfalz-Neuburg war stark zersplittert. Seine kartografische und textmäßige Erfassung dauert insgesamt ein Vierteljahrhundert. Das Projekt wurde durch Pfalzgraf Philipp Ludwig (1547-1614) veranlasst. Es lässt sich in drei Phasen einteilen:

Phase 1 (1579/84-1590/91) - Gebiet um die Residenz Neuburg a.d.D.:

Die schwäbischen Stadtmaler Friedrich Seefried (1549-1608) und Philipp Rehle d.Ä (gest. 1598) lieferten vier Großformatdarstellungen. Diese zeigten die Landgerichte Neuburg, Höchstädt und Graisbach (letztere mit in- und umliegenden Pflegämtern) sowie das Pflegamt Reichertshofen. Die Zusammenarbeit mit den damals hochgefragten Künstlern gestaltete sich für die Neuburger Regierung aber als äußerst schwierig und kostspielig. Wohl aus diesem Grunde ruhte die Landesaufnahme nach der Bearbeitung dieses Gebietsteils für sieben Jahre.

Phase 2 (1597/98-1600) - Ämter auf dem Nordgau:

Der Regenstaufer Pfarrer Christoph Vogel verfügte über Kenntnisse in der niederen Vermessungskunst. Als lutherischer Geistlicher unterstand er dem Pfalzgrafen von Pfalz-Neuburg ohnehin dienstlich. Er konnte daher kostengünstig als Geometer verwendet werden. Der Pfarrer vermaß ab 1597 mit heute nicht näher bekannten Methoden alle pfalzgräflichen Ämter in der Oberpfalz. Zudem erfasste er die nur anteilweise pfalz-neuburgische Herrschaft Breitennegg sowie die "fremden" Ämter Hohenfels (Kurpfalz) und Hohenburg a.d. Nordgau (Hochstift Regensburg). Letzteres war teils praktischen Erwägungen (gemeinsame Grenzen) und teils gewissen Expansionsbestrebungen des Pfalzgrafen geschuldet. Ergänzend zum Kartenmaterial verfasste der späthumanistisch geprägte Theologe sogenannte Ämterbeschreibungen. Die grafische Umsetzung der Vogel'schen Kartenskizzen besorgte Matthäus Stang, der vorher als Gehilfe in der Pfalz-Neuburgischen Bauverwaltung tätig gewesen war. Dies erklärt seinen im Vergleich zu den Kunstmalern nüchtern-reduziert wirkenden Stil.

Phase 3 - Pfalz-Sulzbach (1602-1604):

1602-1604 erledigten Vogel und Stang noch die Aufnahme des kleinen, 1604 an Pfalz-Neuburg zurückfallenden Teilfürstentums Pfalz-Sulzbach (Landgericht Sulzbach mit hinzuerworbener Hofmark Eismannsberg und Pflegämtern Hilpoltstein, Allersberg und Heideck).

Bedeutung

Eine Gesamtbewertung der Qualität der Pfalz-Neuburgischen Landesaufnahme steht noch aus. Wie auch andere frühneuzeitliche Landesaufnahmen kann sie sich in geodätischer Hinsicht keineswegs mit der Bayernkarte des Philipp Apian (1531-1589) messen. So fehlt etwa die Korrektur der durch die Erdkrümmung verursachten Verzerrung. Auch erbrachten die Streckenmessungen angesichts ungenauer Methoden (vermutlich Abreiten, Abschreiten etc.) nur Näherungswerte. Besonders die frühen Vogel-Stang-Karten weisen deutliche Schwächen bei den Entfernungen und Richtungen auf. Doch stellt die Erfassung eines ganzen Territoriums nach einem halbwegs einheitlichen, großen Maßstab und mit einer hohen Dichte an Orts- und Flurnamen zu diesem frühen Zeitpunkt per se eine besondere Leistung dar.

Sarah Hadry

Die anderen "frühneuzeitlichen Landesaufnahmen" in bavarikon

>> "Landesaufnahmen der Frühen Neuzeit" ist ein Projekt der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns. Diese Sammlung vereint Einzelstücke aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchivs, dem Staatsarchiv Amberg, dem Staatsarchiv Augsburg, dem Staatsarchiv Bamberg, dem Diözesanarchiv Eichstätt, dem Stadtarchiv Kronach, dem Staatsarchiv Nürnberg, der Bayerischen Staatsbibliothek, der Staatsbibliothek Bamberg und dem Historischen Verein für Oberpfalz und Regensburg.